Sonntag, Februar 4

DARC: Schleichwerbung im Deutschland-Rundspruch?

Seit fünf Jahren gibt es den Digital-Standard D-STAR zur Funkübertragung von Sprache und Daten. Im Amateurfunk hat er sich bis dato nicht durchsetzen können. Jetzt sollen plötzlich in Deutschland gleich knapp zwei Dutzend D-STAR-Relaisstationen entstehen. Die machen aber keinen Sinn, wenn es nicht auch Funkamateure gibt, die sich D-STAR-Funkgeräte anschaffen. Doch der Amateurfunkmarkt droht in Zeiten von Hartz IV zu stagnieren. Viel versprechende neue Produkte müssen daher her. Der einzige D-STAR-Geräteanbieter zurzeit ist ICOM. Eine Meldung im aktuellen Deutschland-Rundspruch des DARC hinterlässt da ein deutliches G´schmäckle.

Der Deutsche Amateur-Radio-Club e.V. (DARC) meldet in seinem aktuellen Deutschland-Rundspruch 05/2007 (wöchentliche Nachrichtensendung für Funkamateure), dass Ende Januar eine erste Verbindung im Übertragungsstandard "D-Star" zwischen Nord- und Südhessen gelungen sei: "Arthur, DL6AAO, und Bernd, DL8UI, auf dem Hohen Meißner in Nordhessen, konnten (...) Wolfgang, DH3WS, über den D-Star-Umsetzer DBØDFT auf dem Feldberg im Taunus loggen und mit klarem Signal aufnehmen." Auch die verwendete Ausrüstung wird erwähnt: "Ihr Ausrüstung bestand aus einem E91 von Icom mit 5 W Leistung, einer 9-Element-Yagi und 12-V-Batterie. (...) Darüber berichtet Bernd, DL8UI." Soweit, so gut.

Nicht erwähnt wird, dass es sich um eine Relaisverbindung im 70-cm-Band handelte. Und zwar über den neuen D-Star-Umsetzer der TAUNUS-RELAIS-GRUPPE im VFDB (Verband der Funkamateure in Post und Telekommunikation) auf dem Großen Feldberg im Taunus (JO40FF, 881m ASL, 439,450 MHz mit Normablage -7,6 MHz). Dass es diesen Umsetzer erst seit Januar 2007 gibt, das wäre die eigentliche Nachricht gewesen. Dieser so wichtige Hinweis aber fehlt. Eine 70-cm-Relaisverbindung von Nord- nach Südhessen dagegen, zumal über einen Repeater und mittels einer 9-Element-Yagiantenne, dürfte kaum eine Erwähnung wert sein. Für die Meldung, so, wie sie der DARC verbreitet hat, gibt es also keine journalistische Begründung.

Auffallend ist jedoch, dass die Funkgeräte-Herstellerfirma ICOM mehrfach erwähnt wird. D-STAR-Funkgeräte sind im Amateurfunkbereich derzeit nur von dieser Firma erhältlich. Und obwohl der Übertragungsstandard D-STAR bereits 2001 entwickelt wurde (er geht zurück auf eine mehrjährige Entwicklung der japanischen Regierung sowie des japanischen Amateurfunkverbandes JARL), hat er sich mehr als fünf Jahre nach seiner Entwicklung nicht durchsetzen können. Insofern kommt dem letzten Satz der DARC-Meldung eine besondere Bedeutung zu: "Die Handfunkgeräte des Typs Icom IC-E91 und U-82 können mit einer Zusatzplatine, die recht einfach in das Gerät einzubauen ist, für Digitalbetrieb in D-Star erweitert werden."

Dieser Satz aber hat deutlich ein G´schmäckle. Denn der D-STAR-Umsetzer auf dem Feldberg wurde mit Hilfe der Firma ICOM errichtet: "In Zusammenarbeit mit der Fa. Icom wurde am Freitag, 19.01.2007 ein Repeater im D-Star Standard auf 439,450 MHz in Betrieb genommen," so nachzulesen auf der Website der Taunus-Relais-Gruppe. Handelt es sich bei der DARC-Rundspruch-Meldung also um einen Fall von Schleichwerbung, um getarnte Werbung mit dem Zweck, Werbebotschaften zu vermitteln, deren werblicher Charakter vom Zuhörer oder Leser entweder nicht auf Anhieb oder überhaupt nicht als solche zu erkennen ist? Soll hier im Interesse von ICOM versucht werden, den deutschen Funkamateuren Appetit auf den digitalen Übertragungsstandard D-STAR zu machen? Der Pressekodex jedenfalls gebietet die klare Trennung von redaktionellem Text und Veröffentlichung von werblichen Texten, das hessische Presserecht die Kenntlichmachung von Anzeigen.

Ralf, DF6RK, schreibt nur zwei Tage nach dem D-STAR-Versuch über den Feldberg-Umsetzer im DARC-Forum an anderer Stelle: "Ich finde Icom geht zu zögerlich auf den hiesigen Markt. Wenn man etwas Neues etablieren möchte, muss man auch etwas powern (...)." Weiter zitiert er Dieter Hamberger von der Firma ICOM - man wolle erst den Markt beobachten. Oder doch nicht? Hat man bei ICOM inzwischen die Meinung geändert? Die Zusammenarbeit am D-STAR-Umsetzer mit ICOM spricht jedenfalls eine andere Sprache, das ist keine zögerliche Haltung. In welchem Zusammenhang damit aber steht die DARC-Meldung?

Interessant ist auch die zeitliche Nähe zu den Plänen eines anderen Amateurfunkvereins, zu INTERMAR (das Deutsche Maritime Mobile Service Netz), der rund zwanzig D-STAR-Repeater (70 cm) an den deutschen Küsten und Binnenwasserstraßen für das Frühjahr 2007 aufbauen möchte. Am 8. Dezember 2006 informierte sich der INTERMAR-Vorstand zu den D-STAR-Einsatzmöglichkeiten - mit "an Bord": Dieter Hamberger von ICOM Europe (vgl.: wikipedia.de und INTERMAR). "Die ersten digitalen Mobiltransceiver sollen anfangs des Jahres lieferbar sein. Einige Handfunkgeräte zum Testen haben wir schon", schreibt Rolf, DK4XI, der 1. Vorsitzende des Amateur-Seefunk-Vereins INTERMAR e.V. in einem Informationspapier mit dem Titel: "INTERMAR- e.V. plant die Einführung von D-STAR für die Küstenfunkstellen."

Die RADIOSKALA-Blog-Redaktion hat noch am Donnerstag Morgen die Rundspruch-Redaktion, den Vorstand des DARC sowie den Amateurrat in einer E-Mail um eine schriftliche Stellungnahme gebeten - die bis dato unbeantwortet blieb (inzwischen liegt eine Antwort vor). Sollte sich der Verdacht der Schleichwerbung bestätigen, droht Ungemach von höherer Stelle: Das Amateurfunkgesetz nämlich verbietet den Betrieb einer Amateurfunkstelle für gewerblich-wirtschaftliche Zwecke (AFuG 1997 §5 (4) 1). Von dieser Regelung wären möglicherweise auch diejenigen betroffen, die den Rundspruch übernommen und abgestrahlt haben.

Weitere Infos zu D-STAR unter http://www.swiss-artg.ch/aktuell/D-STAR%20Vortrag.pdf.


Tom, DF5JL(at)darc.de

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3 Comments:

Blogger Unknown said...

Digitalisierung im HF-Bereich scheint ein Trend der Zeit zu sein, will uns zumindest die Geräteindustrie weis machen. Sei es KW-Rundfunk (DRM) oder eben nun Amateurfunk.

Ich frage mich nur, wer das braucht und wo es wirklich einen "Mehrwert" gibt?

So wenig wie mir DRM im KW-Rundfunk bringt, so wenig sehe ich ein, dass ich digitalen Relaisfunk auf VHF oder UHF brauche. Gegenüber dem bisherigen (und tadellos funktionierenden) FM-Relaisfunk sehe ich in einer Digitalisierung keinen Gewinn.

Somit ist diese Schleichwerbung für mich noch gravierender als wenn es sich um etwas handeln würde, das man als Funkamateur tatsächlich gut gebrauchen könnte.

Udo, DL3GN

04 Februar, 2007 19:15  
Anonymous Anonym said...

Habe das im Internet unter VFDB gefunden, unter der URL http://www.vfdb.net/vus/APCO25/

"In den USA stellt ICOM einer Gruppe oder einem Ortsverband von Funkamateuren kostenlos - in Abhängigkeit von verkauften ID-1 23cm Transceivern - Relais zur Verfügung. Wir wollten diese Regelung auch für Deutschland verhandeln und bekamen als Teststellung einen kompletten Satz Repeater und Transceiver."

04 Februar, 2007 20:34  
Blogger Tom DF5JL said...

Das wird indirekt durch die Folienpräsentation von David Mika, DM7DR (VFDB Dortmund) bestätigt (17. November 2006). Dort heißt es auf Seite 8: "ICOM stellte die Ausrüstung für Entwicklungs- und Testzwecke."

Wer es nachlesen möchte: members.ping.de/~david/d-star/d-star.pdf

04 Februar, 2007 21:24  

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